Eisspeicher in den Alpen
Ein Altbau in den Bündner Bergen wird seit Kurzem von einem Eisspeicher-System mit Wärme versorgt. Es ist umweltschonend, funktioniert effizient und ermöglicht einen konstant hohen Wohnkomfort.
Das Bündner Dorf Trin-Mulin liegt zwischen Chur und Laax auf einer idyllischen Südterrasse. Wenn im Winter im Flachland grauer Nebel liegt, erfreuen sich Einheimische und Touristen hier oft am ungetrübten Sonnenschein. In der Nacht fallen die Temperaturen auf über 800 M. ü. M. jedoch oft unter die Nullgradgrenze. Entsprechend wertvoll für den Wohnkomfort ist ein zuverlässiges Heizsystem – wie seit Kurzem auch Christine Hanauer weiss. Sie bewohnt mit ihrer Familie seit rund 30 Jahren die eine Hälfte eines altehrwürdigen Hauses, das teilweise 300 bis 400 Jahre alt ist. Während die Gebäudehülle vor längerer Zeit modernisiert wurde, blieb die Beheizung des Altbaus eher archaisch. «Wir hatten einen Ofen mit Stückholzfeuerung und eine Elektroheizung», erzählt Hanauer. Da sei es abends oft sehr kühl gewesen, wenn die Familienmitglieder nach Hause kamen. «Die Wärme des Holzofens hielt nicht den ganzen Tag und die Elektroheizung wollten wir nicht durchgehend laufen lassen.»
Faszinierender Eisspeicher
Die gebürtige Baslerin tat sich lange schwer, eine passende neue Heizung zu finden. «Ich bin sehr umweltbewusst und wollte daher nie eine Öl- oder Gasheizung», erklärt sie. Auch die geläufigen Wärmepumpensysteme überzeugten sie nicht. «Luft-Wasser-Wärmepumpen benötigen hier in den Bergen sehr viel Strom, und das Bohren einer Erdwärmesonde überzeugte mich ebenfalls nicht.»
Dann stiess sie bei ihren Recherchen auf das noch vergleichsweise wenig bekannte Konzept des Eisspeichers – und war fasziniert. Sie liess durch einen lokalen Heizungsinstallateur abklären, ob das System zu ihrer Immobilie passen würde. Dieser fand mit dem System Vitoset von Viessmann eine passende Lösung, sodass Christine Hanauer den Heizungsersatz in Auftrag gab. Sie entschied sich, gleich drei Eisspeicher zu verbauen, um später den benachbarten Stall, der mittelfristig zu Wohnungen umgebaut werden soll, ebenfalls versorgen zu können.
Interessierte Passanten
Im Herbst 2023 begannen die Aushubarbeiten hinter dem Haus, doch wegen des unerwartet frühen Wintereinbruchs musste der Einbau der drei Eisspeicher auf den nächsten Frühling verschoben werden. Die bereits angelieferten Speicher überwinterten im Garten, wo sie bei den Passantinnen und Passanten viel Interesse weckten. «Wir wurden immer wieder darauf angesprochen, was es mit den Tanks in unserem Garten auf sich habe», erzählt Hanauer. «Einige Leute suchten sogar unsere Telefonnummer heraus, um sich zu erkundigen.»
Effiziente Beheizung
«Das System besteht aus drei Komponenten», erläutert Steven Frey, Projektleiter bei der Installateurfirma De-Stefani AG. «Die Eisspeicher sind vorgefertigte Tanks mit einem Volumen von je
10 000 Litern, die im Untergrund platziert und mit Wasser gefüllt werden.» Über spiralförmige Rohre im Inneren, in denen ein Glykolgemisch zirkuliert, können die Behälter thermische Energie abgeben oder aufnehmen. Zum System gehört ferner ein Energiezaun, der oberirdisch aufgestellt wird. Er besteht aus Aluminiumrohren, die ebenfalls von einem Glykolgemisch durchströmt werden. «So kann der Energiezaun nebst der Wärme aus der Umgebungsluft auch die Energie von Sonnenstrahlen aufnehmen und sogar jene von auftreffenden Regentropfen», sagt Frey.
Der Komfortgewinn ist gewaltig.
Die dritte Komponente ist die Wärmepumpe, welche die erforderlichen Vorlauftemperaturen zum Heizen und für die Warmwasserbereitung erzeugt. Primäre Energiequelle ist der Energiezaun. Fallen die Aussentemperaturen auf unter –7 °C, schaltet das System automatisch auf den Eisspeicher als Energiequelle um, weil die Wärmepumpe sonst nicht mehr effizient läuft. Dem Wasser im Eisspeicher wird anschliessend so lange Wärme entzogen, bis es zu gefrieren beginnt. Bei diesem als Phasenwechsel bezeichneten Vorgang wird viel Wärme freigesetzt, welche die Wärmepumpe als zusätzliche Energiequelle nutzen kann. «So arbeitet sie auch bei tiefen Aussentemperaturen effizient, die in den alpinen Winternächten häufig vorkommen», bestätigt Frey.
Zufriedene Eigentümerin
Im Frühling 2024 kamen die Arbeiten für den Einbau der drei Speicher gut voran, sodass das System im Mai in Betrieb genommen wurde. Es produzierte den Sommer über bereits das Warmwasser und seit September auch die Wärmeenergie fürs Beheizen. Bisher funktioniere alles einwandfrei, sagt Hanauer. «Der Komfortgewinn ist gewaltig. Wir haben konstant angenehme Raumtemperaturen und wissen gleichzeitig, dass die Energie dafür aus erneuerbaren Quellen stammt.»
Vitoset Eis-Energiespeichersystem
Viessmann bietet als Wärmepumpen-Hersteller das innovative Vitoset Eis-Energiespeichersystem exklusiv an. Derzeit sind verschiedene standardisierte Systempakete verfügbar, was die Planung und Bestellung der Komponenten deutlich erleichtert. Die Pakete beinhalten nebst einer Wärmepumpe die Eis-Energiespeicher mit eingebauten Wärmeübertragern und eine vorinstallierte Hydraulik zur einfachen Montage vor Ort. Der Energiezaun (Solar-Luft-Absorber) inklusive Fundament für die Montage ist ebenfalls enthalten. Da die Komponenten genau aufeinander abgestimmt sind, arbeitet die Wärmepumpe unabhängig von der zur Verfügung stehenden Wärmequelle – Energiezaun oder Eisspeicher – hocheffizient.
Das System mit Eisspeicher ist ungefähr gleich teuer wie eine Erdsonden-Wärmepumpe. Im Gegensatz zu dieser lässt es sich aber unabhängig von den geologischen Begebenheiten an fast allen Standorten realisieren. Aufwendige Bohrungen sind nicht notwendig. Und: Es braucht bestenfalls keine behördlichen Genehmigungen, weil der Einbau des Eisspeichers für das Grundwasser unkritisch ist. Damit ist das Vitoset Eis-Energiespeichersystem eine spannende Alternative zu den etablierten Systemen.
Autor: Remo Bürgi